SD40 / SD50 Saildrive drucklos umbauen

(Saildrive Ölwechsel im Wasser schwimmend)

Auf meinem Youtube Kanal ist ein Video verfügbar.

Sie haben schon einmal Spuren von Getriebe Öl auf dem Dichtungsflansch des Saildrive entdeckt? Das könnte auf einen falschen Ölstand im SD50 hinweisen. Sie wechseln das Öl selbst im Rahmen der jährlichen Wartung und folgen den Anweisungen Ihrer Betriebsanleitung? Sie lassen den Ölwechsel in einer Yanmar Service Werkstatt machen? Aber auch die Service Werkstätten lesen nicht alle die Yanmar Technical Bulletin.

In dem Yanmar Technical Bulletin MSA 09-017(vom 16.9.2009) wird der Ölstand im SD50 neu definiert.
Schauen Sie also nach ob in Ihrem SD50 ein langer oder kurzer Ölmessstab verbaut ist, und befüllen Sie den SD50 nur bis zur Low Markierung beim kurzen Ölmessstab oder bis zur Full - Markierung des langen Ölmessstabs. Durch die Erwärmung im Betrieb des SD40/SD50 baut sich im Getriebe ein Druck auf. Dieser Druck könnte über den Antriebswellendichtring (zum Motor) entweichen. Dabei kann Getriebeöl mit austreten.  Bei der anschließenden Abkühlung könnte ein Unterdruck im SD40/ SD50 entstehen, welcher Wasser am Propellerdichtring ansaugen könnte.
Durch die Änderung am Ölstand und der damit verbundenen Vergrößerung des Verhältnisses von Luft zu Ölstand im SD40/SD50 sind die Druckverhältnisse günstiger und das Risiko einer Wasser in Öl Leckage geringer. Yanmar hat zu diesem Zweck auch einen neuen Ölstab herausgebracht. Ein neuer Ölmessstab kann unter der Ersatzteilnummer 196450-02350 beim Yanmar Service bestellt werden.

Was wäre denn, wenn das Saildrive im Betrieb drucklos gehalten werden kann, kein Öl am Motor-Simmerring austritt und der Ölstand trotzdem auf „Maximal“ Pegel stehen könnte?

Mit der nachfolgenden Anleitung wird das SD40/ SD50 Saildrive so umgebaut, dass es im Betrieb drucklos bleibt.

Teile Liste:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1: 10mm PVC-Schlauch,  2m lang (Baumarkt oder Ersatzteilkiste an Bord).
2: Niro Schlauchschelle für 10mm Schlauch (Baumarkt oder Ersatzteilkiste an Bord).
3: Kugelschwämmchen für 10mm Schläuche (Service Kit)
4: Messingadapter M10x1,5-10mm (Service Kit)
5: Teflonband (Baumarkt oder Ersatzteilkiste an Bord).
6: 5x Kabelbinder verschiedene Längen (Baumarkt oder Ersatzteilkiste an Bord).

Die Teile 3 und 4 sind evtl. im Einzelhandel schwierig zu bekommen. 

Einfach die Bestellliste laden, die gewünschten Teile ankreuzen und die Datei mir zusenden. (Info: Die Datei läßt sich im Acrobat Reader direkt bearbeiten.)

Oder mir eine Mail schreiben

Die Teile 3 und 4 können von mir bezogen werden (18€ (25€ mit 2 Messingadapter) incl. Versand). Einfach eine Mail schreiben. Alles andere bekommt man im Baumarkt.

 

 Der Umbau:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


 

Links: An dem oberen Kupplungsdeckel wird die markierte Schraube entfernt.
Rechts: Die 10mm Messingadapter wird mit etwas Teflonband eingeschraubt und gedichtet

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Links: Der 10mm Schlauch wird auf die Schlauchtülle gesteckt und mit der Schlauchschelle befestigt. Klarer Weich-PVC-Schlauch ist überwiegend ölfest und man kann sehen, ob Öl austritt. Ein paar cm Öl in der Leitung ist kein Problem.

Mitte: Der Schlauch mit den Kabelbindern in einem weitem Bogen an anderen Teilen im Motorraumnach oben geführt.

Rechts: Am Schlauchende wird ein kleiner Schaumgummiball in den Schlauch gesteckt, um Staub und Insekten den Zutritt zu verwehren.

Bei Erwärmung kann nun der Druck entweichen. Selbst kleine Mengen Öl kann der Schlauch ausgleichen. 1m Schlauch mit 10mm Innendurchmesser nimmt 70ml Öl auf.

 

 

Getriebeölwechsel am Saildrive unterwegs.

Im Saildrive-Betriebshandbuch von 2009 wird der Ölwechsel ab Seite 42, in der Saildrive-Bedienungsanleitung von 2004 im Kapitel 6.2.1. beschrieben. Der Messingadapter kann auch am Ölauslass eingeschraubt werden.

 

Links:  Die Schlauchtülle M10 x 1,5 aus dem Drucklos Service Kit kann auch in den unteren Teil des Saildrive (Bodenplatte) eingeschraubt werden.

Rechts: Die Schlauchtülle wird am Ölauslass eingeschraubt und mit einer Hand- oder elektrischen Pumpe kann das ÖL abgepumpt werden. (Zeichnung: Yanmar Betriebshandbuch).

Inwieweit das Öl (oder durch Leckage mit Seewasser verdickte Öl) so entfernt werden kann, kann ich leider nicht beurteilen. Darüber gibt es keine Informationen.

Eine sehr gute Methode die pastöse Masse aus dem Saildrive zu entfernen wäre eine Spülung mit heißem Öl. Doch wie spüle ich ein Saildrive mit Boot im Wasser schwimmend?

 

 Zum Glück passt die Schlauchtülle auch an der unteren Ölablassschraube vom Saildrive.

Schritt 1: Wenn das Getriebeöl schon an die Konsistenz von Mayonnaise kommt, sollte es erst warmgefahren werden.

Schritt 2: Das Saildrive wird am Peilstab mit Getriebeöl vollgefüllt. Die evtl. vorhandene Getriebeentlüftung, auch die Entlüftung im Deckel, wirdn abgebaut.

Schritt 3: Die Ölablassschraube wird unter Wasser geöffnet und (mit Dichtung!) entfernt. Weiteres Wasser kann nicht eindringen, weil Öl leichter als Wasser ist und im randvoll ölgefülltem Getriebe kein Platz für zusätzliches Wasser ist.

Schritt 4: Die Schlauchtülle, an dem nunmehr ein ausreichend langer 10mm Schlauch angebracht ist, wird vorsichtig (damit das Gewinde nicht beschädigt wird) anstatt der Ölablassschraube eingedreht. Das andere Ende des Schlauch befindet sich dabei im Cockpit, angeschlossen an einer Getriebeöl-Pumpe. (rechtes Bild)

Schritt 5: Die Öleinfüllöffnung am Peilstab wird geöffnet und das Öl über den Schlauch/ die angeschlossene Pumpe abgesaugt. In das Getriebe wird so lange Öl nachgefüllt, bis nur noch sauberes Öl abgesaugt werden kann.

Schritt 5a:  Man könnte auch mit heißem, dünnflüssigem Motoröl spülen, d.h. wenn das Öl warm in der Pumpe ankommt, den Schlauch am Ölpeilstab in das Saildrive einfüllen und einige Zeitlang das Getriebe spülen.  Zusätzlich könnte das Getriebe mit Leerlaufdrehzahl im Rückwärtsgang (damit der Schlauch nicht in den Propeller gerät) bewegt werden, um noch festsitzende Öl-Mayonnaise zu lösen.  Anschließend wird das Spül-Öl mit der endgültigen Getriebeölfüllung ausgetauscht.

Schritt 6: Das Getriebe wird wieder randvoll - wie oben - mit Öl gefüllt.

Schritt 7: Den Messingadapter wird gegen die Ölablassschraube nebst Dichtung ausgetauscht und festgezogen. Wasser kann nicht eindringen, da das Saildrive randvoll mit Öl ist. Ein Ölaustritt ist, wenn überhaupt, minimal da Öl leichter als Wasser ist.

Schritt 8: Der Ölstand im Getriebe wird wieder mit dem Ölpeilstab auf „Max“ eingestellt. Die Saildrive Entlüftung wieder angeschlossen.

 

Fazit: Das eigentliche Problem, nämlich die wahrscheinlich schadhaften Dichtungen an der Propellerwelle, ist damit noch nicht gelöst. Aber vielleicht findet sich noch eine Werft, ein Kran oder eine Sandbank mit ausreichend Tide (für einen Katamaran). Zeit genug zum Nachdenken hat der Bootseigner jetzt gewonnen.

 

Noch ein Hinweis:

Wer eine Tauchausrüstung, bzw. einen elektrischen Kompressor an Bord hat, für den ist der Austausch von Schlauchtülle und Ölablassschraube Unterwasser um ein Vielfaches einfacher.

Dazu gibt es noch einen weiteren Bericht "Kompessor an Bord".

 

 Noch ein Wort zum Getriebe Öl

In der Betriebsanleitung zum SD50 wird auf das Mercury Qucksilver High Performance Gear Oil hingewiesen. Soweit bekannt, wird diesem Öl nicht nur ein exorbitanter Preis, sondern auch sehr gute Wasserbindungs - Eigenschaften zugeschrieben. Beides kann ich bestätigen.

Wenn man die Simmerringe am Propeller des Saildrives zusammen mit dem Unterwasseranstrich immer wechselt, so alle 2-3 Jahre, kann man auf diese Eigenschaften gut verzichten und verwendet SAE 90 GL3 oder GL4 Getriebe ÖL stattdessen. Das kostet nur 10% - 15% des Quicksilver Öl Preises und ist vollkommen ausreichend für die Belastungen im Saildrive.

Auf keinen Fall GL4+ oder GL5 oder noch höher legierte Öle verwenden. Diese sind nicht nur teurer, sondern definitiv nicht gut für die Kegelkupplung.

Und nun für die Techniker unter den Seglern:

Ein API GL4 Schmierstoff enthält Additive speziell für Schaltgetriebe. Schaltgetriebe enthalten Buntmetall (Synchronringe). Die Reibung eines GL4 Öls darf nicht zu gering sein, sonst rutscht der Synchronring durch und schalten wird unmöglich. Ist die Reibung zu hoch, wird die Schaltung hakelig und kratzt. Der Kegel in der SD50 Kupplung ist aus Buntmetall. Eine zu geringe Reibung würde die Kupplung leicht durchrutschen lassen.

Auch kein GL4+oder GL4/5 verwenden. Das ist dünnflüssig wie GL5 und enthält nicht so scharfe Additive.

Ein API GL5 Schmierstoff enthält spezielle Additive für höchstbelastete Getriebe, wie z. Bsp. Hypoidgetriebe. Diese Getriebe haben eine Bogenverzahnung. Neben einigen Vorteilen hat diese Art der Verzahnung den Nachteil das die Flächen nicht nur aufeinander abrollen, sondern auch ein wenig gleiten. Das stellt erhöhte Anforderungen an das Material und benötigt eine hohe Gleitfähigkeit des Öls. Die Additive enthalten Schwefel, was wiederum Buntmetalle angreift.

 

Gang rein oder Getriebeleerlauf beim Segeln?

Im Internet kursieren die wildesten Gründe warum der Gang eingelegt oder das Getriebe im Leerlauf mitlaufen sollte. In bestimmten Fällen stimme ich der Yanmar Anweisung zu. Bei einem Festpropeller muss das Getriebe im Leerlauf mitlaufen. Bei einem Faltpropeller muss man prüfen, ob ein eingefalteter Propeller Schwingungen auf die Getriebekupplung überträgt.

Begründung: Ist beim Segeln der Gang eingelegt umströmt das Wasser verwirbelnd die Schiffsschraube und erzeugt Schwingungen. Die Schwingungen übertragen sich auf den Kupplungskegel, der in der Kupplungsglocke sitzt. Diese Schwingungen erzeugen kleine Bewegungen, die die Kupplungsglocke polieren und führt dazu, dass die Kupplung nicht mehr greift. Eine rutschende Kupplung ist die Folge.

Fake Argument: „Nicht richtig geschmiert“. In Internet wird behauptet, dass das Saildrive nicht richtig geschmiert würde, wenn es in neutral Stellung beim Segeln mitlaufen würde. Im Benutzerhandbuch des Saildrive SD50 wird in Kapitel 2 „Technische Spezifikation“ unter Schmiersystem „Ölbad Typ“ genannt. Bei diesem Typ sind alle beweglichen Teile immer von Öl umflossen. Eine Pumpe ist nicht notwendig. Somit ist dieses Argument falsch.

Fake Argument: „Hohe Abnutzung“. Was soll sich abnutzen, wenn der Wasserstrom den Propeller und das Getriebe bis zur Kupplung antreibt? Die Kraft ist viel zu gering, um eine Abnutzung zu erzeugen.

 

 Kommentare, Anfragen und Hinweise via  Mail sind immer willkommen. 

Haftungsausschluss:
Diese Anleitung wurde nach bestem Wissen und Gewissen anhand einem von mir selbst durchgeführten Reparatur/ Wartung durchgeführt und verschriftlicht.
Die Anleitung wurde sorgfältig von mir erstellt und geprüft. Es wird keine Haftung für die Anwendung dieser Anleitung oder für Beschädigungen, die durch diese Anleitung entstehen, übernommen. 

Copyright:

Jochen Brickwede im April 2023